„Gleich als ich reinkam, habe ich gemerkt, es passiert was Neues und, dass es viele Farben werden“
Zitat eine:r Workshop-Teilnehmer:in

Insgesamt 140 Teilnehmende haben in der Woche vom 15. bis 18. Juli ordentlich Bewegung in DASMAXIMUM gebracht. Das neue Projekt kunstBEWEGT richtet sich an Menschen mit und ohne Inklusionsbedarf aller Altersstufen, und lädt Gruppen aus sozialen und pädagogischen Einrichtungen ein die Kunst im DASMAXIMUM auf eine ganz neue Art und Weise kennenzulernen. Die Premiere des Projekts fand zu den Kunstwerken des Minimalisten Imi Knoebel statt und der Zuspruch aller Beteiligten übertraf die Erwartungen.

Tanzpädagogin Andrea Marton und Teilnehmerinnen der Lebenshilfe Traunreut bei kunstBEWEGT vor Imi Knoebel, Ort – Rot, Gelb, Blau, 2009, (c) VG Bild-Kunst, Bonn 2024, Foto: Vanessa Zmudzinski

Teilnehmende der Lebenshilfe Traunreut bei kunstBEWEGT vor Imi Knoebel, Fishing Yellow I, 2008, (c) VG Bild-Kunst, Bonn 2024, Foto: Vanessa Zmudzinski

Schon lange spielen Inklusion und kulturelle Teilhabe eine große Rolle im DASMAXIMUM. Mit dem Vorgängerprojekt „Wort:Bilder“ wurden bereits in den vergangenen zehn Jahren gezielt Gruppen aus sozialen Einrichtungen und Schulen eingeladen, um gemeinsam die Kunstwerke des Museums über Wort, Gedicht und Gespräch zu erfahren. Zum 10-jährigen Jubuläum entstand ein E-Book mit den schönsten Improgedichten aus dem Projekt, das hier heruntergeladen werden kann. Nun war es an der Zeit für etwas Neues, und so stieß das Museumsteam auf die beiden Münchner Tanzpädagoginnen Andrea Marton und Ute Schmitt. Bereits seit vielen Jahren bieten die beiden inklusive Tanzworkshops in München an, und das auch vermehrt in Museen. Der Konzeption für ein neues Vermittlungsformat für DASMAXIMUM lag das Ziel zugrunde, die Kunsterfahrung von kognitiven Ansätzen zu lösen, und mittels Bewegung auf eine körperliche und noch intuitivere Ebene zu verlegen, die Gruppen mit besonderen Bedarfeden Zugang erleichtert. Daraus entstanden ist kunstBEWEGT: ein Projekt, welches Kunst über Bewegung und Gemeinschaft erfahrbar macht, umgekehrt aber auch den kreativen Raum im Museum erweitert.

Teilnehmende bei kunstBEWEGT im Imi Knoebel Saal des Museums DASMAXIMUM, (c) VG Bild-Kunst, Bonn 2024, Foto: Vanessa Zmudzinski

„Ich gebe zu, ich war skeptisch, ob das mit unseren an Demenz erkrankten Gästen funktioniert. Aber nach den knapp 2 h war ich restlos begeistert und überzeugt, dass es ein voller Erfolg war.“ – so das Feedback von Günter Striegel, Leiter des Seniorengarten Auszeit aus Traunreut, der gemeinsam mit einer Gruppe an Schülern des Hertzhaimer Gymnasiums aus Trostberg an kunstBEWEGT teilnahm.

Ein weiteres Ziel liegt in der Begegnung. kunstBEWEGT sollte nicht exklusiv für einzelne Gruppen funktionieren, sondern die unterschiedlichsten Menschen zusammenbringen. „Mixed Ability“, also das kombinieren individueller Fähigkeiten, liegt ganz im Sinne der beiden Tanzpädagoginnen Andrea und Ute. Auch den teilnehmenden Gruppen, die schon früh in die Konzeption des Projekts einbezogen wurden, war dies ein wichtiges Anliegen. So nahmen in der Projektwoche mehrere Gruppen gemeinsam an Sessions teil: Die Seniorinnen und Senioren aus dem Traunreuter „Seniorengarten Auszeit“, einem Tageszentrum für Menschen mit Demenz, bewegten sich gemeinsam mit Schülerinnen und Schülern des AK Kunst des Hertzhaimer Gymnasiums aus Trostberg. Dabei entstand eine „unverkrampfte, spielerische und fröhliche Atmosphäre“, die alle Skepsis nach wenigen Minuten ausräumte. Jugendliche der berufsvorbereitenden Maßnahme des Jugendsiedlung aus Traunreut bildeten mit dem Tageszentrum der Caritas Traunstein ein Team mit viel Humor und Leichtigkeit. „So etwas würde im Kontext unserer tagesbegleitenden Angebote nicht so leicht entstehen“, so Annemarie Hufnagel, Sozialpädagogin bei der Caritas. Auch die Schülerinnen der Mittelschule Traunreut bildeten mit einer kleinen Gruppe an Seniorinnen aus dem Pur Vital Pfegezentrum eine bewegte Gemeinschaft.

„Ich kann es nicht genau beschreiben, aber es hat mir Spaß gemacht, mit Anderen Kunstwerke entstehen zu lassen.“ – Zitat Workshopteilnehmer:in

Aber auch in sich geschlossene Gruppen sind willkommen, und bereichern kunstBEWEGT mit der Diversität der teilnehmenden Menschen. Voraussetzung war ein geschützter Raum, der es allen Beteiligten ermöglichte loszulassen, und mit Leichtigkeit und auf ganz individuelle Art und Weise in Auseinadersetzung mit Imi Knoebels abstrakten Kunstwerken in Bewegung zu kommen.

„Spätestens nach 5 Minuten war jedem klar, hier kommt was Besonderes. Nicht nur die Körperhaltungen – auch das, was sonst das Denken besetzte, wurde plötzlich gedreht, in der Ausrichtung umgelenkt, gestoppt, dem Raum überlassen. Die Reaktionen erfolgten spontan, ohne viele Worte, einfach im gemeinsamen konzentrierten Wahrnehmen und mit vollem Körpereinsatz, manchmal unterstützt durch Musik. „Körper ist Seele“ (und umgekehrt) das zeigt sich immer wieder.“ – Hannah Kleuser, Kunsttherapeutin der PSO Traunstein

Die Jugendlichen der Kinder- und Jugendpsychosomatik des Klinikum Traunstein zeigten besonders die Stärken des Projektes: Sich zu öffnen muss nicht immer mit Worten stattfinden. Kunst über Bewegung wahrzunehmen und kennenzulernen ist manchmal einfacher und bedeutet auch, sich selber und den Mit-Teilnehmerinnen und -teilnehmern näher zu kommen. Auch eine Gruppe aus Schülern und Schülerinnen der Petö Schule Oberaudorf, einer kleinen inklusiven Privatschule, brachten Gemeinschaft und Bewegung zwischen die raumgreifenden Kunstwerke Imi Knoebels, die sich geradezu anbieten Themen wie Gruppierung, Vereinzelung, Überlagerung und Dynamik in Bewegung umzusetzen. Dass bei kunstBEWEGT nicht nur eine Beziehung zwischen den Teilnehmenden, sondern ebenso zwischen den Kunstwerken und den Menschen entsteht, zeigte auch die TANGO-Gruppe der Lebenshilfe Traunreut eindrücklich. Die Senioren und Seniorinnen mit Behinderung fanden schnell in den Rhythmus und die Themen des Workshops. Von kleinsten Bewegungen imit den Händen, bis hin zu raumgreifenden Tanzschritten, erweiterten die Teilnehmenden das Bild an der Wand in den Raum hinein.Nicht zuletzt ist wissenschaftlich erwiesen, dass Lerninhalte über Bewegung noch stärker verfestigt werden. So kommentierte eine Lehrerin der Mittelschule Traunreut: „Die Schülerinnen und Schüler werden nie wieder Imi Knoebel und seine rot-blau.gelben Bilder vergessen und diese auch überall wieder erkennen. 

Vom Bild, in den Körper und wieder zurück: Zum Abschluss der Sessions entstand nicht nur ein abschließendes „Lebendes Bild“, sondern auch individuelle Zeichnungen der einzelnen Teilnehmenden, die die erlebten Bewegungen, Gefühle und Erfahrungen wieder in eine Zeichnung, mithin ein Bild rückübersetzen.

Teilnehmerin des Seniorenheims Pur Vital Traunreut beim zeichnen eines Abschlussbildes, Foto: Vanessa Zmudzinski

Abschlussbilder kunstBEWEGT, Foto: Vanessa Zmudzinski

Vier Tage lang, in insgesamt sechs Sessions, wurde im DASMAXIMUM kunstBEWEGT. Alle Beteiligten blicken auf vier Tage voller Gemeinschaft, Kunst, Bewegung und beschwingter Momente zurück, auf einen Raum, der jeden Menschen in seiner Individualität wertschätzt.Das erste Projektjahr war ein großer Erfolg und übertraf noch die Erwartungen. Eine Fortsetzung im kommenden Jahr ist damit schon fest eingeplant.

Der Abschluss der Projektwoche fand im Rahmen der Sommernacht im Museum am Donnerstag Abend statt. Bei einer öffentlichen kunstBEWEGT Session zum Künstler John Chamberlain waren sowohl die Teilnehmenden der Woche, als auch die Besucher und Besucherinnen des Sommerfests eingeladen die Kunst im DASMAXIMUM über die eigene körperliche Erfahrung zu erkunden.

Der Dank geht an dieser Stelle an die beiden Tanzpädagoginnen Andrea Marton und Ute Schmitt, welche die einzelnen Sessions nicht nur mit einer unfassbaren Wertschätzung angeleitet haben, sondern mit ihrer Expertise und Professionalität ein solches, ganz neues Konzept der Kunsterfahrung im DASMAXIMUM möglich machen. Ebenso geht der Dank an alle Teilnehmenden und die zahlreichen, engagierten Betreuerinnen und Betreuer, die bereits in der Konzeptionsphase mit ihrer individuellen Expertise eine entscheidende Rolle zum Gelingen des Projektes spielten und sich auch während der Sessions mit vollem Körpereinsatz einbrachten. Ein Dank geht auch an die Museumsuafsichten, die mit ganz neuen Herausforderungen konfrontiert waren und nicht nur für die Sicherheit der Kunstwerke sondern auch die der Teilnehmenden veranwortlich waren.

Und natürlich ein großer Dank und die großzügigen Unterstützer und Förderer von kunstBEWEGT, ohne die das ganze Projekt nicht möglich ogewesen wäre Die meine Volksbank Raiffeisenbank eG, das Landratsamt Traunstein, der Freundes- und Förderkreis des Museums und private Spender aus dem Freundes- und Förderkreis.

Momentaufnahme der kunstBEWEGT Abschluss-Session zum Sommerfest vor der Skulptur „Burnt Piano“ von John Chamberlain, (c) VG Bild-Kunst, Bonn 2024, Fairweather&Fairweather Ltd., Foto: V.Zmudzinski/DASMAXIMUM